Gianni Rodari

Herzlichen Glückwunsch zum 100ten Geburtstag!

„Man kann die Welt aus der Höhe des Menschen, aber auch von oben, von einer Wolke aus betrachten. Die Wirklichkeit kann man durch den Haupteingang betreten, aber auch durch ein Fensterchen in sie hineinschlüpfen.“ Gianni Rodari

Gianni Rodari
Gianni Rodari


Diesen Blick auf die Welt „von oben, von einer Wolke“ verdanken weltweit Millionen von Kindern und Erwachsenen bis heute dem italienischen Erzähler und Kinderbuchautor Gianni Rodari. Welch ein Glück für alle, dass Rodari – am 23. Oktober 1920 als Sohn eines Bäckers in Omegna am Ortasee in Norditalien geboren – nach dem Studium der Pädagogik und einiger Zeit des Unterrichtens in der Grundschule eine bessere Möglichkeit entdeckte, Kinder auf ihrem Weg zu mündigen Bürgern und selbstbewussten Persönlichkeiten zu begleiten und zu stärken: „Ich hatte alles Mögliche im Kopf, nur nicht die Schule. Möglicherweise war ich jedoch kein langweiliger Lehrer. Ich erzählte den Kindern Geschichten, teils aus Sympathie, teils aus Lust am Spiel, Geschichten, die nicht das Geringste mit der Wirklichkeit und dem gesunden Menschenverstand zu tun hatten.“ Und er entschloss sich, Geschichten zu schreiben und für kleine und große Kinder mit wunderschönen Reimen, Gedichten, Fabeln und Romanen voller Fantasie, Lebensweisheit, Menschlichkeit und Witz ein „Fensterchen“ zu zimmern.

So kämpft z.B. Zwiebelchen mit seinen Freunden mutig und erfolgreich gegen jede Form von Willkür und tyrannischem Machtgehabe in Die Abenteuer von Zwiebelchen, einem grandiosen, nach wie vor höchst aktuellen Lehrstück in Demokratie und Bürgersinn. In den Fabeln am Telefon, bekannt als Gute-Nacht-Geschichten, bereist ein Handelsvertreter ganz Italien, jeden Abend um 21 Uhr ruft er seine kleine Tochter an und erzählt ihr eine kurze Gutenachtgeschichte u.a. Der Krieg der Glocken, Ein Veilchen am Nordpol oder Der junge Krebs.

In dieser Geschichte fragt sich ein junger Krebs: „Warum gehen alle Krebse in meiner Familie immer rückwärts? Ich will vorwärts gehen lernen.“ Natürlich eckt er überall an, wird verlacht und verspottet. Doch der junge Krebs lässt sich nicht beirren und geht „aufrecht seine Straße weiter“. Ein alter Krebs warnt ihn: „Was glaubst du, was du großartiges anstellst? […] Hör auf mich, solange es noch Zeit ist! Finde dich damit ab, lebe wie die anderen! Eines Tages wirst du mir für meinen Rat dankbar sein!“ Doch der junge Krebs sagt sich: „Ich habe recht!“ und setzt seinen Weg fort! Und Rodari endet die Geschichte: „Wird er weit kommen? Wird er sein Glück machen? Wird er alle verkehrten Dinge dieser Welt in Ordnung bringen?
Wir wissen es nicht, weil er noch mit dem gleichen Mut und der gleichen Entschlossenheit dahin marschiert wie am ersten Tag. Wir können ihm nur von ganzem Herzen Glück und eine gute Reise wünschen.“

Als Vater einer kleinen Tochter kennt Rodari die Freuden und Herausforderungen von Eltern, denn, „den Elternberuf erlernt man nicht ein für alle Mal […] Keine Generation ist der anderen gleich […] Es gibt bestimmte Prinzipien, aber sie dürfen nicht als Dogmen betrachtet werden, sondern müssen sich an den Erfahrungen messen.“ Und er weiß: „Wir können unseren Kindern helfen, ihre Erfahrungen zu vervollkommnen. Aber zuerst müssen wir zutiefst solidarisch mit ihnen sein und zulassen, dass ihre Erfahrungen die unsrigen korrigieren.“ Aus diesem Verständnis heraus versucht Gianni Rodari, der 1970 mit der höchsten Auszeichnung für Kinderliteratur dem Hans-Christian-Andersen-Preis geehrt wurde, den Blick von Kindern und Eltern, aber auch Erziehern und Lehrern gen Himmel zu heben und der Fantasie, Kreativität und dem Spiel ein ganz anderes Gewicht zu geben.

1973 gibt er sein „berufliches Handwerkszeug“ in dem Meisterwerk Grammatik der Phantasie – Die Kunst, Geschichten zu erfinden preis. Er beschreibt vielfältige, spielerische Methoden und Techniken, „sich Geschichten für Kinder auszudenken und den Kindern zu helfen, sich von ganz alleine ihre eigenen Geschichten zu erfinden.“ Vorausgegangen ist 1972 ein Treffen mit Erziehern und Lehrern auf Einladung der Stadtverwaltung von Reggio Emilia, später unter Pädagogen aus aller Welt als „Mekka“ der Pädagogik bekannt und besucht.

Diejenigen, die sich in all den Jahren an dieser „Grammatik der Phantasie“ versucht haben und in den „Fahrstuhl zu den Sternen“ eingestiegen sind, gratulieren dankbar zum 100ten Geburtstag und stoßen freudig mit seinem Erfinder auf die Fantasie an!

Gianni Rodaris größten Geburtstagswunsch haben ihm die Kinder dieser Welt immer wieder erfüllt: ihre Begeisterung und Lachen beim Hören und Lesen seiner Geschichten …

Gianni Rodari starb im Alter von 60 Jahren am 14. April 1980 in Rom.


Geschrieben von Renate Müller De Paoli
am 28. Oktober 2020

Gianni Rodari

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